Karlsruher Kolloquien: Archiv

Auf dieser Seite bieten wir einen Überblick über die vergangenen Veranstaltungen der Jungen Juristen Karlsruhe e.V.:

Grenzenlose Straftaten im Internet – begrenzte Ermittlungsmöglichkeiten?

Am Dienstag, den 13. November 2018 referierte Sigrid Hegmann, Bundesanwältin beim Bundesgerichtshof im Prinz-Max-Palais zum Thema e-evidence. Hierbei stellte sie sich gemeinsam mit dem Publikum die entscheidende Frage, ob neue Kriminalitätsfelder neue Straftatbestände und neue Ermittlungsmethoden erfordern.

Die Herausforderungen an die Strafverfolgung durch Straftaten im Internet und mit Hilfe des Internets nehmen stetig zu. Crime-as-a-Service, Anonymisierungsmöglichkeiten und die abgetarnte Bezahlung mittels Kryptowährungen stellen die Strafverfolgungsbehörden vor große Schwierigkeiten. Auch die enormen Datenmengen, die ausgewertet werden müssen, sind eine Herausforderung für die Ermittlungsarbeit. Langdauernde, weltweit gestreute, raffiniert angelegte und hochkarätig durchgeführte Cyberangriffe anderer Staaten erfordern eine effektive internationale Zusammenarbeit. Welche grenzüberschreitenden Ermittlungsmöglichkeiten sind hier vonnöten?

Materiell-rechtlich stellt sich die Frage, ob es weiterer Tatbestände zur Bekämpfung der Internetkriminalität bedarf – ob etwa der „digitale Hausfriedensbruch“ unter Strafe gestellt werden sollte oder ob sogenannte „Keuschheitsproben“ erlaubt werden sollen.

Unter dem #Unsocial Networks? – Wie viel Regulierung braucht das Internet? – diskutierten Priv.-Doz. Dr. Mathias Hong von der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg und Carola Rienth LL.M., beschäftigt bei der Google Germany GmbH, aktuelle Rechtsfragen zum Netzwerkdurchsetzungsgesetz.

Seinen Vortrag mit dem Titel „Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz und die Vermutung für die Freiheit der Rede“ widmete Priv.-Doz. Dr. Hong der These, dass das NetzDG gegen Grundrechte verstößt. „Das heißt nicht, dass die sozialen Netzwerke nicht reguliert
werden dürfen. Eine solche Regulierung darf aber nicht nur das „Zuwenig-Löschen“ bekämpfen,
sondern muss zugleich dem „Zuviel-Löschen“ entgegenwirken.“ so der Referent.

Fr. Rienth beleuchtete „Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz und die Praxis – wie setzt Youtube das NetzDG um?“ Insbesondere befürchtete die Referentin Kollateralschäden für die Meinungsfreiheit und berichtete anschaulich, wie sich Unternehmen wie Youtube den Herausforderungen des Gesetzes stellen.


Am 25. Oktober 2017 veranstalteten die Jungen Juristen in Kooperation mit dem Zentrum für Angewandte Rechtswissenschaft den langen Abend des IT-Rechts zum Thema „Smart Environment – Smart Decision“. Es referierten der LfDI Dr. Stefan Brink und Martin Schallbruch, Ministerialdirektor a.D.

Dr. Brink gewährte in seinem Vortrag zur „Selbstbestimmung im digitalen Zeitalter“ Einblicke von der Geschichte des Datenschutzes bis hn zu aktuellen Herausforderungen sowie der Rolle der Aufsichtsbehörden. „Im digitalen Zeitalter sind wir umgeben von „smart devices“, die wissen was wir tun, lernen was wir wollen und berechnen was wir tun werden. In diesem Ambiente die informationelle Selbstbestimmung zu bewahren ist nicht leicht – aber lohnenswert, wenn wir der Souverän unseres Lebens bleiben wollen.“

Hr. Schallbruch, stellvertretender Direktor des Digital Society Institute – ESMT Berlin, referierte zur „Beherrschbarkeit der Digitalisierung – der Beitrag des IT-Sicherheitsrechts“. Eine hohe Innovationsgeschwindigkeit, eine schnelle Marktdurchdringung, eine erhebliche Komplexitätssteigerung – all dies ist derzeit kennzeichnend für digitale Technologien und ihre Anwendung. Mit erheblichen Schwachstellen der Systeme, starker Abhängigkeit von digitalen Systemen und zunehmenden Cyberangriffen steigen gleichzeitig die Risiken.


Bundesverfassungsgericht und Gesetzgeber – Verfassungsrechtsprechung zwischen Kontrollauftrag und richterlicher Zurückhaltung

Vortrag von Bundesverfassungsrichterin Prof. Dr. Gabriele Britz, Richterin des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts und Professorin für Öffentliches Recht und Europarecht an der Justus-Liebig-Universität Gießen – 15.05.2017

Zurückhaltung des Verfassungsgerichts gegenüber dem Gesetzgeber ist im demokratischen Verfassungsstaat verfassungstheoretisch angemessen und praktisch üblich. Gleichwohl wird das Bundesverfassungsgericht die ihm durch das Grundgesetz zugewiesene Kontrollaufgabe verfehlen, wenn es diese nicht auch gegenüber dem Gesetzgeber wahrnimmt. Es ist eine der großen Herausforderungen für die Verfassungsrechtsprechung, hier täglich aufs Neue das richtige Maß zu finden. Dafür gibt es keine Formel. Es lassen sich aber einige Sachbereiche und Konstellationen benennen, bei denen eine höhere Aktivitätsentfaltung des Verfassungsgerichts tendenziell angemessen erscheint. Dem ging der Vortrag nach.


Das Bundesverfassungsgericht im Rechtsprechungsdreieck Karlsruhe-Straßburg-Luxemburg – Konflikt und Kooperation

Vortrag von Bundesverfassungsrichterin Prof. Dr. Doris König, Richterin des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts und Inhaberin des Claussen-Simon-Stiftungslehrstuhls für Internationales Recht an der Bucerius Law School in Hamburg – 29.09.2016

Frau BVRin Prof. König erläuterte  das europäische Mehrebenensystem aus Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe,  Gerichtshof der Europäischen Union in Luxemburg und  Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg sowie die sich immer wieder stellenden Fragen der Kompetenzabgrenzung, der Koordination der Rechtsprechungslinien und des Dialogs zwischen den Gerichten.

Der Vortrag beleuchtete die Rolle des Bundesverfassungsgerichts, das einerseits den Grundsätzen der Völker- und Europarechtsfreundlichkeit verpflichtet ist, andererseits jedoch als „Hüter der Verfassung“ die Aufgabe hat, die Grenzen der staatlichen Verfassungsidentität zu wahren. In diesem Kontext entwickelte sich das Verhältnis zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu einem beiderseits akzeptierten modus vivendi. Dagegen befindet sich das Verhältnis zum Gerichtshof der Europäischen Union gerade im Prozess der Neujustierung.


LIVE AUS DEM GERICHTSSAAL? – Die aktuelle Diskussion um § 169 GVG

Vortrag von Dr. Frank Bräutigam, Leiter der ARD-Rechtsredaktion des SWR – 23.11.2015

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Der elektronische Rechtsverkehr – auf dem Weg in die digitale Justiz

Vortrag von Herrn Dr. Carsten Ulrich, Richter am Verwaltungsgericht Karlsruhe und  abgeordnet an das Fachzentrum für Informations- und Kommunikationstechnik (IuK-Fachzentrum Justiz) des Landes Baden-Württemberg sowie einer der Projektleiter im Programm eJustice, das als Ziele die Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs sowie die Umsetzung der eAkte in der Justiz Baden-Württemberg hat. – 01.06.2015

Foto 4Mit dem Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten vom 10. Oktober 2013 wurden in der Bundesrepublik die Weichen unwiderruflich hin zum elektronischen Rechtsverkehr gestellt. Spätestens ab dem Jahr 2022 besteht insoweit eine Anwendungspflicht für „professionelle Einreicher“. Die notwendigen Vorbereitungen hierfür laufen derzeit in den einzelnen Bundesländern. Eine der Konsequenzen der flächendeckenden Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs ist die Einführung (auch) der elektronischen Gerichtsakte, denn nur so lässt sich ein zeitraubender und kostenintensiver Medienbruch vermeiden. Herr Dr. Ulrich gewährte uns in seinem Vortrag einen interessanten Einblick in die Zukunft der digitalen Justiz, woran sich eine lebhafte Diskussion anschloss.


Secondhand Kreativgüter: Der Handel mit geistigem Eigentum aus zweiter Hand. Eine Betrachtung des Erschöpfungsgrundsatzes aus urheber- und markenrechtlicher Perspektive.

Vortrag von Frau Dr. Brunhilde Ackermann, Rechtsanwältin am Bundesgerichtshof.
–  25.11.2014

Die Jungen Juristen Karlsruhe e.V. in Zusammenarbeit mit dem Zentrum für Angewandte  Rechtswissenschaft (ZAR) am Karlsruher Institut für Technologie veranstalteten gemeinsam mit dem Verein die Anstoß e.V. die Ausstellung „COPY&PASTE“. Diese setzte sich zusammen aus dem Vortrag von Frau Dr. Brunhilde Ackermann, Rechtsanwältin am Bundesgerichtshof, zum Thema: „Secondhand Kreativgüter: Der Handel mit geistigem Eigentum aus zweiter Hand. Eine Betrachtung des Erschöpfungsgrundsatzes aus urheber- und markenrechtlicher Perspektive.“ An den Vortrag schloss sich eine Vernissage an, die mit einem Kommentar von Barbara Kuon, Philosphin an der HfG Karlsruhe, eingeleitet wurde. In der Ausstellung wurden sieben Positionen zeitgenössischer Medien-KünstlerInnen gezeigt, die sich in ihren Arbeiten mit Themen wie dem geistigen Eigentum oder der Idee des Originals auseinandersetzten.


Auf dem Weg zum barrierefreien Staat?

Vortrag von Prof. Dr. Felix Welti, Professor für das Sozialrecht der Rehabilitation und das Recht der behinderten Menschen an der Universität Kassel. – 12. 03. 2014


Langer Abend des Rechts

Bleibt die Unschuldsvermutung auf der Strecke?
Vortrag von Kay Nehm, Generalbundesanwalt a.D.

Anonymität und Pseudonymität im Datenschutz
Vortrag von Prof. Niko Härting, Partner bei HÄRTING Rechtsanwälte Berlin, Honorarprofessor an der Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR Berlin).

– 19. 11. 2013


Informationen der Öffentlichen Hand

Tagung der Jungen Juristen Karlsruhe e.V. in Zusammenarbeit mit dem Zentrum für Angewandte Rechtswissenschaft (ZAR) am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und dem Center of Digital Tradition – CODIGT – 01.03.2013


Politisch und religiös motivierter Extremismus

Vortrag von Rainer Griesbaum, Bundesanwalt und Ständiger Vertreter des Generalbundesanwalts beim Bundesgerichtshof, Karlsruhe – 23.10.2012.

Foto: Nurdan Gündüz


Neue Medien im Spannungsfeld der Grundrechte

Vortrag von Prof. Dr. Andreas L. Paulus, Richter des Bundesverfassungsgerichts (Erster Senat) – 17.07.2012


„Internationale Rechtsdurchsetzung nach ACTA und die Belange der Entwicklungsländer“

Vortrag von Prof. Dr. Martin Senftleben, Universität Amsterdam – 21.11.2011

Prof. Senftleben widmete sich in seinem Vortrag den Wechselwirkungen zwischen dem Schutz Geistigen Eigentums und den Entwicklungsperspektiven der Entwicklungsländer. Er behandelte mögliche Auswirkungen der Verstärkung von Schutzstandards im internationalen Kontext. Im Spannungsfeld stehen dabei insbesondere die Rechtsdurchsetzungsinteressen der Industrienationen gegenüber den Möglichkeiten und Ressourcen der Entwicklungsländer.


Podiumsdiskussion zur Sicherungsverwahrung

in Zusammenarbeit mit der Neuen Richter-Vereinigung NRV am 11.07.2011

Gegenstand einer Podiumsdiskussion war das Thema Sicherungsverwahrung, die es ermöglicht, besonders gefährliche Straftäter auch nach Verbüßung einer Haftstrafe zu „verwahren“, damit diese nicht in Freiheit neue Straftaten begehen. Die Rechtsgrundlagen der Sicherungsverwahrung waren vor kurzem vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt worden (Urteil vom 4. Mai 2011). Das Urteil hat deutschlandweit für Unruhe gesorgt, weil befürchtet wird, dass viele gefährliche Straftäter jetzt entlassen werden müssen. Es diskutierten:

  • Dr. Margret Spaniol, Richterin am OLG Karlsruhe
  • Ekkehard Kiesswetter, Stuttgart, Rechtsanwalt
  • Ministerialrat Peter Marx, Stuttgart, Referatsleiter im Landesjustizministerium
  • Moderation: Prof. Johann Bader, Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht Stuttgart

„Wer sucht, der findet – Suchmaschinen und der Schutz geistigen Eigentums“

Vortrag von Dr. Alfred Bergmann, Richter am Bundesgerichtshof – 16.06.2010

Prof. Bergmann stellte die „Vorschaubilder“-Entscheidung des BGH (I ZR 69/08 vom 29. April) zur Frage dar, ob Google für Urheberrechtsverletzungen in Anspruch genommen werden kann, wenn urheberrechtlich geschützte Werke in Vorschaubildern ihrer Suchmaschine wiedergegeben werden.


„Religiöse Konflikte in der staatlichen Schule“

Vortrag von Prof. Johann Bader, Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht Stuttgart – 04.12.2008

Im Zeichen wachsender gesellschaftlicher Pluralität und Multikulturalität kommt es in den staatlichen Schulen zunehmend zu Konflikten, weil dort unterschiedliche Interessen und Auffassungen von Lehrern, Eltern und Schülern aufeinandertreffen. Wenn die Schule ihrer integrativen Funktion weiterhin gerecht werden solle, so Prof. Bader in seinem Vortrag, müsse sie für möglichst viele Eltern und Schüler akzeptabel sein. Nach Art. 6 Abs. 2 GG obliege die Erziehung der Kinder in erster Linie den Eltern. Prof. Bader folgert hieraus, dass sich der Staat (abgesehen vom Einschreiten in Missbrauchsfällen) im Schulbereich darauf zu beschränken habe, freiwillige Angebote zu schaffen. Ziel müsse eine versachlichte, ideologiefreie Schule sein. Die sich im schulischen Alltag stellenden Probleme, etwa aus Anlass eines verpflichtenden Sexualkundeunterrichtes oder des gemischten Sportunterrichtes, ließen sich bei entsprechender Flexibilität lösen.


„Hackerparagraph und Penetrationstests – Stirbt der Markt für IT-Sicherheit oder schafft Regulierung Innovation?“

Podiumsdiskussion am 15.09.2008

Im Mittelpunkt der Diskussion standen die §§ 202a f. StGB, darunter auch der sogenannte „Hackerparagraph“, der seit seiner Einführung zu erheblicher Unsicherheit in Kreisen der IT-Sicherheit geführt hat. Nach seinem Wortlaut scheint er „Pen-Tests“ unter Strafe zu stellen; hierbei handelt es sich um Versuche, von außen in ein Computersystem einzudringen, um dabei Schwachstellen zu finden und diese dann beheben zu können. Bislang sind nur wenige Strafverfahren bekannt geworden, die zudem ohne Verurteilung eingestellt wurden. Trotz dieser scheinbar geringen praktischen Relevanz waren sich die Podiumsteilnehmer jedoch einig, dass sich § 202c StGB negativ auf die Fortentwicklung der IT-Sicherheit auswirken könnte.

Die Diskussionsteilnehmer waren sich einig, dass „offensive“ Sicherheitsprüfungen wie beispielsweise „Pen-Tests“ unverzichtbar seien, da Software mit vertretbarem Aufwand nicht fehlerfrei hergestellt werden könne. Die – auch nur empfundene – Gefahr, sich strafbar zu machen, könne Sicherheitsfachleute von solchen Tests abschrecken. Allerdings bestehe kein Risiko, sofern die Tests im Auftrag und mit Wissen des Betreibers des getesteten Systems ausgeführt würden.


„Wer bezahlt die Rente? – Zur Finanzierung der Sozialversicherung“

Vortrag von Prof. Dr. Ferdinand Kirchhof, Richter am Bundesverfassungsgericht – 19.05.2008

Prof. Kirchhof ging zunächst auf die unterschiedlichen Einnahmequellen der Sozialversicherung ein (insbes. Beiträge, Bundeszuschuss und Transfers zwischen Versicherungsträgern), um diese sodann auf ihre Legitimität hin zu überprüfen. Gerade die Beiträge als Sonderlasten müssten im Gegensatz zu allgemeinen Steuern vor dem Gleichheitssatz nach Art. 3 GG bestehen. Als Rechtfertigungsgründe nannte der Referent das Versicherungsprinzip sowie die Prinzipien der sozialen Verantwortung und des sozialen Ausgleichs. Das oft bemühte Solidarprinzip hält Prof. Krichhof als Legitimationsgrundlage jedoch für zu diffus und das Argument der Finanzierbarkeit der sozialen Sicherungssysteme für zirkulär. Sehr kritisch stand Prof. Kirchhof auch dem Risikostrukturausgleich in der GKV in seiner heutigen Dimension gegenüber, da dieser zu einer großen regionalen Umverteilung führe und im Gegensatz zum Länderfinanzausgleich keinerlei Erwähnung im GG finde. Diese Aussage gewinnt angesichts des politischen Streits um den bevorstehenden Gesundheitsfond und die damit verbundene Neuordnung des Risikostrukturausgleiches besondere Brisanz.


„Persönlichkeitsrecht im Wandel“

Vortrag von Dr. Gerda Müller, Vizepräsidentin des BGH – 14.01.2008

Zur Sprache kamen die großen Leitentscheidungen zum Persönlichkeitsrecht, insbesondere die bis heute hoch aktuellen Verfahren „Caroline“ und „Esra“. Den Kern des Wandels sah die Referentin allerdings in der Ausbildung eines vermögensrechtlichen Bestandteils des Persönlichkeitsrechts. In der Diskussion antwortete Frau Dr. Müller auf die berechtigte, aber laufende Verfahren (vgl. nur das Verfahren zur Zulässigkeit der Bezeichnung der Müller-Milch als „Genmilch“ durch Greenpeace oder das Verfahren um den Conterganfilm über das Unternehmen Grünenthal) betreffende Frage nach möglicherweise engeren Grenzen des Persönlichkeitsrechts juristischer Personen naturgemäß zurückhaltend. Dem Wandel des Persönlichkeitsrechts Rechnung tragend hielt die Referentin auf eine andere, abstrakte Frage die gleichzeitige Verurteilung zu materiellem und immateriellem Schadensersatz „jedenfalls nicht begrifflich“ für ausgeschlossen.


„Gnade ohne Reue? Zur Debatte über eine mögliche Begnadigung des RAF-Terroristen Christian Klar“

Podiumsdiskussion am 18.04.2007. Es diskutierten:

  • Prof. Dr. Dr. Ernst Benda, Präsident des Bundesverfassungsgerichts a.D., Bundesinnenminister a.D.
  • Dr. Klaus Kinkel, Bundesaußen- und Bundesjustizminister a.D.
  • Klaus Pflieger, Generalstaatsanwalt in Stuttgart
  • Prof. Dr. Rudolf Egg, Direktor der Kriminologischen Zentralstelle e.V.

„Das Bundesverfassungsgericht zwischen Recht und Politik“

Vortrag von Prof. Dr. Lerke Osterloh, Richterin am Bundesverfassungsgericht- 27.06.2006

Im Grunde sei die Frage nach der Position des Bundesverfassungsgerichts zwischen Recht und Politik irreführend: Das Gericht stehe nicht zwischen, sondern in Recht und Politik, so Prof. Osterloh in ihrem Vortrag. Die Stellung des Gerichts sei ambivalent und charakterisiert einerseits von typischen Merkmalen eines Organs der Rechtspflege. So habe das Gericht kein Initiativrecht, sondern könne nur über zulässige Rechtsmittel entscheiden. Andererseits sei das Bundesverfassungsgericht auch Verfassungsorgan, seine Entscheidungen komme in bestimmten Fällen Gesetzeskraft zu. Eine Grenze zwischen Recht und Politik im Aufgabenbereich des Gerichts zu ziehen sei nicht möglich, seine Stellung daher einzigartig. Hieraus rührten regelmässig Schwierigkeiten, wenn es um die Frage ginge, welcher Institution das Recht zukomme, Leitlinien zur Lösung von Konfliktsituationen zu entwickeln.


„Straftaten im Internet – Neue Herausforderungen für Polizei und Justiz?“

Vortrag von Dr. Jürgen Graf, Richter am Bundesgerichtshof – 19.10.2005

Dr. Graf, Richter am Bundesgerichtshof, befasst sich schwerpunktmäßig mit dem Thema Strafrecht und Internet. In seinem spannenden Vortrag zeigte er die ganze Bandbreite der Erscheinungsformen von „Internet-Kriminalität“ auf.


„Vorgeschichte und Urteil zur Auflösung des Bundestages – Eine kritische Nachbetrachtung“

Vortrag von Prof. Dr. Ernst Gottfried Mahrenholz, Richter am Bundesverfassungsgericht a. D. – 13.09.2005

Prof. Mahrenholz war schon 1983 mit der Problematik der Vertrauensfrage eines Kanzlers befasst, der kein Vertrauen im Bundestag, sondern einen Grund zu dessen Auflösung suchte. Im Fall Kohl trug er als Richter am Bundesverfassungsgericht die Mehrheitsentscheidung mit, welche dieses Vorgehen für mit Art. 68 des Grundgesetzes vereinbar hielt. Die spannend vorgetragene Wendung in seiner Meinung begann jedoch mit der mündlichen Verhandlung des Verfassungsgerichts im Fall Schröder. Die Ausführungen der Antragsteller zur Notwendigkeit einer positiven, auf Unterstützung gerichteten Vertrauensfrage hätten ihn überzeugt, so Prof. Mahrenholz in seinem Vortrag. Dem Grundgesetz gehe es angesichts der historischen Erfahrung der Weimarer Republik und der Rechte der Abgeordneten primär um die Stabilität des Bundestages und erst sekundär um die der Bundesregierung. Daher hätten Bundeskanzler und Bundespräsident nicht genügend vorgetragen, um die erforderliche „Lage der politischen Instabilität“ zu begründen. Vor diesem Hintergrund sei der von der Senatsmehrheit abweichenden Meinung des Verfassungsrichters Prof. Jentsch zuzustimmen. Abschließend forderte Prof. Mahrenholz das Recht des Bundestages zur Selbstauflösung mit qualifizierter Mehrheit und die Abschaffung der Vertrauensfrage, weil die Möglichkeit der Rücktrittsdrohung des Kanzlers ausreiche, um Probleme des Vertrauens zu klären.


„Die grundsätzliche Erneuerung des Einkommens- und Körperschaftssteuerrechts: Notwendigkeit und Realisierungschancen“

Vortrag von Prof. Dr. Paul Kirchhof, Richter am Bundesverfassungsgericht a.D.-  21.06.2005

Prof. Kirchhof, einer der fundiertesten Kenner und zugleich schärfsten Kritiker des deutschen Steuerrechtssystems, stellte den von ihm maßgeblich entwickelten Karlsruher Entwurf zur Reform des Einkommenssteuergesetzes und die darauf aufbauenden Arbeiten seiner Heidelberger Forschungsgruppe Bundessteuergesetzbuch vor. Die sich anschließende, lebhafte Diskussion betraf neben den aktuellen Realisierungschancen des vorgestellten Modells insbesondere die Auswirkungen des Europarechts, hier vor allem die Schlussanträge des Generalanwaltes Poiares Maduro vom 7. April 2005 in der Rechtssache C-446/03, Marks & Spencer.


„Die modernen Vertragstypen und das BGB“

Vortrag von Prof. Dr. Michael Bartsch, Rechtsanwalt in Karlsruhe – 17.02.2005

Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) gilt seit mittlerweile 105 Jahren. Es sei bereits bei seiner Einführung veraltet gewesen und sei auch heute – trotz mancher Reform – nicht geeignet, die wichtigsten wirtschaftlichen Austauschverhältnisse sinngerecht abzubilden, befindet Prof. Dr. Bartsch. Ausgehend von Methoden der Informatik, entwickelte er in seinem Vortrag einen „modularen Ansatz“, mit dem Rechtsnormen neu beurteilt werden sollen.


„Das Prinzip Nachhaltigkeit – Freiheit und Gerechtigkeit in der Welt und zwischen den Generationen“

Vortrag von Prof. Dr. Felix Ekardt, LL.M., M.A., Universität Bremen – 07.12.2004

Auch zukünftige Generationen von Menschen haben bereits heute einklagbare Grundrechte – so die These von Prof. Felix Ekardt. Allerdings werden die Interessen nachfolgender Generationen heute zu wenig berücksichtigt. Wenn unsere Nachkommen die Freiheiten genießen wollen, die wir selbst für unverzichtbar halten, müssen ihre Interessen als „Vorwirkungen“ auf künftige Rechtspositionen bereits heute unsere Entscheidungen beeinflussen.


„Neue Entwicklungen im deutschen und europäischen Wettbewerbsrecht“

Vortrag von Prof. Dr. Jochen Glöckner, Universität Konstanz – 05.10.2004


„Wie weit reicht das Verfassungsrecht in die Humangenetik?“

Vortrag von Prof. Dr. Reiner Wahl, Universität Freiburg i. Br. – 17.06.2004


„200 Jahre Code Civil – Ein europäisches Kulturdenkmal“

Vortrag von Prof. Dr. Dr. Norbert Gross, Rechtsanwalt beim Bundesgerichtshof – 01.04.2004


„Rechtsfragen der Sterbehilfe“

Vortrag von Prof. Dr. Achim Krämer, Rechtsanwalt beim Bundesgerichtshof 10.02.2004


„Der EFTA-Gerichtshof – Der „kleine Bruder“ des EuGH“

Vortrag von Prof. Dr. Carl Baudenbacher, Präsident des EFTA-Gerichtshofes, Luxemburg – 04.12.2003

Neben dem auch unter deutschen Juristen weithin bekannten EuGH residiert ein zweites europäisches Gericht auf Luxemburg-Kirchberg: Der Gerichtshof der Europäischen Freihandelszone oder kurz EFTA-Court. Dessen Präsident, Prof. Dr. Carl Baudenbacher, referierte bei den Karlsruher Kolloquien über die weltweit einzigartige Situation, die das EWR-Abkommen in Bezug auf die Koordinierung der Gerichte in den homogenen Rechtsordnungen der EU und EFTA/EWR schafft. Dabei wurde deutlich, dass sich aus der ursprünglich als Einbahnstrasse konzipierten Befolgungspflicht des EFTA-Gerichtshofs ein echter judizieller Dialog entwickelt hat, in dem der „kleine Bruder“ dem grossen in wichtigen Bereichen voranging und ihm dabei wesentliche Impulse geben konnte.


„Strafen im Alltag. Strafen im Staat.“

Vortrag von Prof. Dr. Dr. h.c. Winfried Hassemer, Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts – 11.02.2003


„Parteiendemokratie – Anspruch und Wirklichkeit“

Vortrag von Prof. Dr. Gerhard Robbers, Universität Trier – 08.10.2002


„Voraussetzungen der Freiheit informationalen Handelns“

Vortrag von Prof. Dr. Wolfgang Hoffmann-Riem, Richter am Bundesverfassungsgericht – 24.06.2002


„Fernsehberichterstattung aus dem Gerichtssaal?“

Vortrag von Dr. Christian Kirchberg, Vorsitzender des Verfassungsrechtsausschusses der Bundesrechtsanwaltskammer 20.03.2002


„Vorrang der Verfassung“

Vortrag von Prof. Dr. Jutta Limbach, Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts – 25.10.2001


„Geld, Sport und Recht“

Vortrag von Prof. Dr. Udo Steiner, Richter am Bundesverfassungsgericht – 11.09.2001


„Internet und geistiges Eigentum“

Prof. Dr. Joachim Bornkamm, Richter am Bundesgerichtshof – 15.03.2001

Prof. Bornkamm stellte in seinem Vortrag die Kritik an einer Regulierung des Internets durch private Schutzrechte in einen größeren Zusammenhang. Er verglich dazu die Situation beim Aufkommen des Rundfunks, dessen technische Möglichkeiten damals noch nicht in den urheberrechtlichen Gesetzesvorschriften erfaßt waren, mit den heute ebenfalls neuen Möglichkeiten eines Austausches geschützter Inhalte über das Internet. Es sei für das geistige Eigentum und für die geistigen Schutzrechte nichts besonderes, daß sie sich immer wieder verteidigen müßten. Heute sei ihre Schutzbedürftigkeit jedoch weitgehend anerkannt.

Abschließend ging Prof. Bornkamm auf die Frage ein, in welcher Weise das dem geistigen Eigentum gegenüberstehende Interesse an uneingeschränkter Äußerungsfreiheit und an umfassender Information berücksichtigt werden könne. Hierzu verwies er auf einige Konfliktfälle in den USA und gab eine Einschätzung dazu ab, wie diese nach deutschem Recht zu beurteilen wären.


„Europa – ein übernationaler Staat? Demokratische Legitimation und nationale Verfassungen“

Vortrag von Prof. Dr. Udo Di Fabio, Richter am Bundesverfassungsgericht – 28.11.2000


„Die Europäische Grundrechtscharta“

Vortrag von Prof. Dr. Günter Hirsch, Präsident des Bundesgerichtshofes – 21.09.2000

Nach anfänglichem Zögern hat die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshof aus den Grundfreiheiten des Vertrages, den gemeinsamen Verfassungstraditionen der Mitgliedstaaten und aus der Menschenrechtskonvention Europäische Grundrechte abgeleitet. Hintergrund dieser Entwicklung war die Erkenntnis, daß eine Rechtsordnung, die den Bürgern Rechte verleiht und Pflichten auferlegt, nur dann allgemeine Geltung und Akzeptanz beanspruchen kann, wenn sie mit „grundrechtlichen Leitplanken“ versehen ist.

Prof. Dr. Günter Hirsch, von 1994 bis 2000 selbst Richter am Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, ging in seinem Vortrag unter dem Schlagwort „Grundrechtspluralismus“ auf das Verhältnis der „Europäischen“ Grundrechte zu den Grundrechtsordnungen der Mitgliedstaaten und auf die Funktionen eines Grundrechtskataloges ein. Er plädierte dafür, einen zukunftsorientierten und wegbereitenden Katalog der Grundwerte zu schaffen, der Europa politisch, kulturell und ethisch verbinden solle.